Ursula Pidun


Norbert Barthle (CDU/CSU): „Wir brauchen den dauerhaften Rettungsschirm“

Die Finanzkrise hält weiterhin alle Welt in Atem. Inzwischen sorgen sich die Bürger um das Ersparte. Die Inflation nagt am Sparvermögen, so mancher spricht schon von Enteignung. Wir haben nachgefragt. Im Gespräch mit dem Bundestagsabgeordneten und haushaltspolitischen Sprecher der CDU/CSU, Norbert Barthle.

Foto Bundestag/Achim Melde

Herr Barthle, die Bürger machen sich angesichts der bisherigen Nichtbewältigung der Finanzkrise große Sorgen. Können Sie beschwichtigen?

Ich kann die Sorgen nachvollziehen, bin aber davon überzeugt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Die Krise können wir nur mit einem langen Atem bekämpfen. Vertrauen geht schnell verloren, baut sich aber nur langsam wieder auf. Ziel der umgesetzten Maßnahmen ist zum einen, die akuten Krisenherde zu löschen.

Insbesondere Irland und Portugal sind da auf einem guten Weg. Zum anderen geht es darum, die Krise an ihren Wurzeln zu bekämpfen. So wird mit dem Fiskalpakt in 25 von 27 EU-Ländern eine Schuldenbremse nach deutschem Vorbild in den Verfassungen verankert, das ist ein wirksamer Hebel gegen übermäßige Staatsverschuldung. Nicht zuletzt brauchen wir in den betroffenen Ländern auch Strukturreformen für mehr Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit.

Sollte das Bundesverfassungsgerichts grünes Licht zum ESM und Fiskalpakt geben, versprechen Sie sich davon endlich die Wende?

Zunächst einmal bin ich sehr froh, dass das Bundesverfassungsgericht zu dieser komplexen Materie relativ schnell zu einem Ergebnis kommt. Ich glaube in der Tat, dass die endgültige Einrichtung des ESM und des Fiskalvertrags das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit Europas wieder stärken wird. Beide Institutionen sind wesentliche Bausteine einer neuen Stabilitätsarchitektur für Europa, die wir jetzt dringend aufbauen müssen.

Viele Bürger bangen inzwischen um ihr Sparvermögen. Sind die Sorgen berechtigt?

Ich halte die Sorgen für unbegründet. Der Euro ist stabil und wir haben keine nennenswerte Inflation. Deutschland ist der Stabilitätsanker in der Eurozone und wird das auch bleiben.

Die andauernde Niedrigzinspolitik erfreut Häuslebauer, für Sparer wird sie zunehmend zum Problem?

Natürlich ist jedem Sparer eine gute Verzinsung auf sein Erspartes zu wünschen. Die gibt es derzeit nicht. Wir müssen eine niedrige reale Verzinsung aber in Kauf nehmen, da sie Ergebnis der Krisenbekämpfungspolitik sind. Die niedrigen Leitzinsen der EZB dienen der Liquiditätsversorgung der Wirtschaft und der Stützung der Konjunktur. Und dass in Deutschland das Zinsniveau über das ganze Spektrum niedrig ist, ist ja insbesondere der Tatsache geschuldet, dass deutsche Staatsanleihen als „sicherer Hafen“ gelten. Zudem gilt: das klassische Sparbuch ist nicht die einzige Anlageform. Es ist immer sinnvoll, Alternativen im Blick zu haben.

Die Inflation übersteigt schon jetzt Möglichkeiten, über Zinszahlungen das Sparvermögen zumindest zu erhalten. Was sagen sie Bürgern, die bereits von Enteignung sprechen?

Denen sage ich, dass sie diese Phase leider durchstehen müssen. Was wäre denn die Alternative? Höhere Leitzinsen wären Gift in der derzeitigen Situation, und die Inflation ist trotz anhaltender Krise sehr gering. Mit einer zunehmenden Stabilisierung des Vertrauens und der allgemeinen Marktsituation dürften die Zinsen mittel- bis langfristig wieder steigen.

Politik ist stets bemüht, die Märkte zu beruhigen. Müssen nicht auch Sparer beruhigt werden und mit ihren Sorgen mehr Aufmerksamkeit erhalten? Und welche Hebel müssten jetzt bewegt werden, damit die Verluste für Sparer gestoppt werden?

Das wichtigste Ziel der Politik ist die Stärkung des Vertrauens in den Euro und die Sicherung der Stabilität der Finanzmärkte. Das kommt allen zugute, gerade auch den Sparern. Eine staatliche Garantie auf Vermögenszuwächse kann und darf es aber nicht geben. Das gilt für alle Anlageformen. Die Politik muss für solide wirtschaftliche und auch rechtliche Rahmenbedingungen sorgen, kann dem Einzelnen die Verantwortung für seine Entscheidung aber nicht abnehmen.

Möglicherweise wird die EZB das Bankensystem erneut mit billigem Geld fluten. Was halten Sie von dieser Krisen-Lösung und auf welche Weise tangiert dies auch Kleinanleger bzw. Sparer?

Die Regierungen der betroffenen Länder und die Banken müssen ihre Hausaufgaben machen. Geldpolitik kann und darf die dringend notwendigen Reformen nicht ersetzen. Dass die EZB für Notfälle bereitsteht, halte ich allerdings für richtig. Und genau wie wir Politiker muss auch die EZB jeweils das Für und Wider ihrer Entscheidungen abwägen. In bin mir sicher, dass die EZB ihr zentrales Ziel der Sicherung der Geldwertstabilität immer im Auge behalten wird. Im Übrigen verdeutlicht die Frage noch einmal, wie sehr wir den dauerhaften Rettungsschirm brauchen, damit die Politik handlungsfähig bleibt.

Sie haben sich sehr für die Abmilderung der kalten Progression eingesetzt, von der besonders kleine und mittlere Einkommen betroffen sind. Wie steht es in inzwischen damit?

Ich halte es weiterhin für richtig und wichtig, dass ungerechtfertigte Belastungen der Steuerzahler durch die sogenannte kalte Progression abgemildert werden. Da Bund und Länder gleichermaßen davon profitieren, müssen Bund und Länder auch gleichermaßen auf sie verzichten. Derzeit sind es die SPD-geführten Länder, die eine Einigung an dieser Stelle im Bundesrat blockieren. Sie müssen dafür die Verantwortung übernehmen und ihre Verweigerung den deutschen Steuerzahlern erklären.

*Norbert Barthle ist Bundestagsabgeordneter und seit 2002 ordentliches Mitglied im Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages. Seit 2009 ist er zudem haushaltspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

Das Interview führte Ursula Pidun

One Response to Norbert Barthle (CDU/CSU): „Wir brauchen den dauerhaften Rettungsschirm“

  1. Udo Maschkotte at 19:39

    Nett gesagt, aber verstanden hat Herr Barthle das Problem nicht; oder er sagts nicht. Die Banken diktieren die Politik und die Politik zerstört das Sparkapital und den Mittelstand.

    Jeder Geldschein ist das Guthaben des Einen und die Schuld eines Anderen. Es gibt kein Geld, welches nicht durch Schulden entstanden ist!
    Wir haben keine Schuldenkriese – Wir haben eine Guthabenkriese!!! Die Verteilung stimmt nicht mehr.
    Immer schneller läuft das Geld von Fleißig zu Reich. Die Analogien zur Weimarer Republik sind erschreckend.

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