Ursula Pidun


Parteispenden: Liste der Top-Finanziers

Parteien haben im Bundestagwahljahr 2017 erneut von millionenschweren Großspenden profitiert. LobbyControl hat auf Grundlage der gestern veröffentlichten Rechenschaftsberichte eine Liste der Top-Spender erstellt, die belegt, dass Unternehmen, Verbände und Vermögende großen Einfluss auf den politischen Wettbewerb in Deutschland nehmen.

Liste der Parteispender

Eine Liste der Finanziers üppiger Parteispenden steht zur Einsicht bereit.

(Foto: andreypopov/Clipdealer.de)

LobbyControl fordert eine Reform der Parteienfinanzierung in Deutschland. Dazu gehören neben einer Spenden-Obergrenze von 50.000 Euro auch das Schließen von Schlupflöchern beim Parteisponsoring und der Wahlwerbung durch Dritte.

„Für Milliardäre, Konzerne und ihre Verbände sind ein paar hunderttausend Euro Peanuts – doch die meisten Menschen bekommen in einem ganzen Arbeitsleben nicht so viel Geld zusammen. Demokratie beruht aber auf einem einfachen, klaren Prinzip: jede Stimme muss gleich viel zählen. Ein Mensch, eine Stimme. Insofern sind die großen Finanzflüsse durch Konzerne und andere Lobbyakteure für unsere Demokratie hochproblematisch. Wir brauchen dringend Grenzen für diese Form der Einflussnahme. In einer Demokratie darf Macht nicht käuflich sein“,

sagt Annette Sawatzki von LobbyControl.

Top-Spender im Bundestagswahljahr 2017 waren die Arbeitgeberverbände der Metall- und Elektroindustrie. Sie überwiesen 1,75 Millionen Euro an Union, SPD, FDP und Grüne. Es folgt der Finanzdienstleister DVAG (680.000 Euro), 1&1-Inhaber Ralph Dommermuth (594.000 Euro), die Verbände der Chemischen Industrie (vertreten u.a. BASF, Bayer und Boehringer Ingelheim, 534.000 Euro) sowie Ex-BDI und Ex-Merck-Chef Hans-Joachim Langmann (470.000 Euro).

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Hintergrund zu den zehn Top-Spendern

Die Arbeitgeberverbände der Metall- und Elektroindustrie vertreten die Interessen von mehreren tausend Unternehmen, unter anderem aus der Automobil- und Rüstungsindustrie. Erstmals spendete in diesem Jahr auch der bundesweite Dachverband Gesamtmetall, der bisher nur als Parteisponsor in Erscheinung trat. Gesamtmetall finanziert auch die Lobbyorganisation „Initiative Soziale Marktwirtschaft“, die sich seit Jahren für den Abbau des Sozialstaates einsetzt und für Grenzüberschreitungen in ihren Kampagnen bekannt ist. 2005 kaufte sie beispielsweise Dialoge in der ARD-Fernsehserie „Marienhof“, mit denen für die Privatisierung der Sozialversicherung geworben wurde.

Die Deutsche Vermögensberatung AG (DVAG) ist ein als Strukturvertrieb organisierter Finanzdienstleister, der 2017 1,35 Milliarden Euro u. a. mit dem Verkauf von Lebensversicherungen, Riester-Renten und Bausparverträgen umsetzte. Die Allfinanz Deutsche Vermögensberatung AG ist eine Tochterfirma, der Verband Deutscher Vermögensberater von der DVAG dominiert. Bis zu seinem Tod 2014 spendete zusätzlich der Firmengründer Reinfried Pohl regelmäßig an die CDU. Die DVAG ist personell eng mit der Politik verflochten. Helmut Kohls früherer Kanzleramtschef Friedrich Bohl (CDU) ist Vorsitzender des Aufsichtsrats. Ex-Finanzminister Theo Waigel (CSU) ist Vorsitzender des Beirats, zuvor hatte Helmut Kohl diese Funktion inne. Auch Hermann-Otto Solms (FDP-Schatzmeister) ist Beiratsmitglied, ebenso der ehemalige österreichische Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP).

Ralph Dommermuth hat sein Vermögen von geschätzt 5,9 Milliarden US-Dollar (Forbes 2018) mit Internetunternehmen gemacht. Darunter sind Firmen wie 1&1, web.de, GMX, simply und yourfone, vereint unter dem Dach der Holding United Internet bzw. Drillisch AG).

Der Verband der Chemischen Industrie (VCI) vertritt die Interessen von rund 1.700 Chemie- und Pharmaunternehmen in Deutschland, darunter sind BASF, Bayer oder Boehringer Ingelheim. Der Verband ist in Brüssel und Berlin ein wichtiger Lobbyakteur, gehört traditionell zu den größten Parteispendern in Deutschland und gibt für seine Lobbyarbeit in der EU jährlich mindestens 4,25 Millionen Euro aus. Seit dem vergangenen Jahr setzt sich der VCI als erster beduetender Industrieverband für ein verpflichtendes Lobbyregister in Deutschland ein.

Hans-Joachim Langmann war Chef des Pharmakonzerns Merck und Präsident des Verbands der chemischen Industrie VCI sowie des Bundesverbands der Deutschen Industrie BDI. Seit dem Jahr 2000 spendete Langmann insgesamt 1,3 Mio an die CDU.

Die Dr. August Oetker KG mit Sitz in Bielefeld gehört zu den großen familiengeführten Konzernen Deutschlands und vereint 400 Firmen unter einem Dach, darunter Unternehmen wie die Conditorei Coppenrath & Wiese oder Henkell & Co. Der weltweite Umsatz im Jahr 2016 lag bei 11,7 Millarden Euro. August Oetker ist Vorsitzender des Beirats und Gesellschafter, sein Bruder Alfred Anteilseigner und stellvertretender Beiratsvorsitzender. Das Familienvermögen wurde 2014 auf 7,7 Milliarden Euro geschätzt. Oetker gehört zu den Nahrungsmittelkonzernen, die sich gegen die von Verbraucherverbänden, Krankenkassen, Ärzten und Gesundheitspolitikern seit vielen Jahren geforderte Einführung der „Lebensmittel-Ampel“ stark machen.

Der Autobauer Daimler spendet jedes Jahr 100.000 Euro an CDU und SPD sowie jeweils 40.000 Euro an FDP, CSU und Grüne. Seit 2000 spendete Daimler über 7,1 Millionen Euro an die Parteien. Der Autokonzern gilt als politisch bestens vernetzt, kaufte zum Beispiel mit Eckart von Klaeden den ehemaligen Staatsminister bei der Bundeskanzlerin als Cheflobbyisten ein.

Lutz Helmig verkaufte 2005 für 1,5 Milliarden Euro die von ihm gegründete private Klinikgruppe Helios an den Fresenius-Konzern. Helmigs Vermögensverwaltungs-Firmen besitzen Unternehmensanteile in verschiedenen Branchen, von Luftfahrt über Maschinenbau bis hin zu Versicherungen und Banken. Das Forbes Magazine schätzte sein Vermögen 2017 auf 2,2 Milliarden US-Dollar.

Hans-Georg Näder ist geschäfsführender Gesellschafter der Otto Bock-Firmengruppe, die im Bereich Medizintechnik und Prothetik zu den Weltmarktführern gehört. Sein Vermögen wurde 2015 von Forbes auf 2 Milliarden Euro geschätzt. Einem Medienbericht zufolge gab Näder unter anderem aus Protest gegen Erbschaftsteuerpläne, die seine Familie mit 300 Millionen Euro zur steuerlichen Verantwortung gezogen hätten, sein CDU-Parteibuch zurück und trat in die FDP ein. Dort stehe er nun Parteichef Lindner „als wirtschaftspolitischer Berater zur Seite“. (Mehr hier).

Bei der FKH Beteiligungs SE Firma weiß man nicht wirklich, wer dahinter steht. Recherchen des ARD-Magazin Panorama zufolge steht der Firmen-Briefkasten in einer Münchner Steuerkanzlei, die nicht über ihre Kunden reden will. Vorstand von FKH ist der ehemalige CEO des Linde-Konzerns, Wolfgang Reitzle. Doch auch er gibt keine Auskunft über die Firma. Ihr Geldgeber ist eine Briefkastenfirma in Österreich, die vermittels der FKH Geld in eine Kette exklusiver privater Reha-Kliniken namens „Medical Park AG“ investiert.

Verweise: