Spenden-Tarnverein muss aufgeklärt werden
Neue Recherchen von NDR, WDR und SZ belegen engere Kontakte zwischen der AfD und dem "Verein zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der bürgerlichen Freiheiten", als bislang bekannt. Der Verein organisiert seit Jahren millionenschwere Wahlwerbung für die AfD. Eine Kommentierung von Ulrich Müller - LobbyControl.
„Die AfD profitiert seit Jahren von millionenschweren Wahlkampagnen durch anonyme Kräfte, hinter denen ein Briefkastenverein und eine Schweizer PR-Agentur stehen. Doch statt auf Distanz zu gehen, bindet sie mit Herrn Bendels den Organisator dieser dubiosen Aktivitäten in strategische Fragen ein. Das zeigt erneut, dass die Partei kein Problem mit verdeckten Geldflüssen hat. Die offensichtliche Kooperation zwischen AfD und dem Verein verstößt gegen das Transparenzgebot des Parteiengesetzes und ist aus unserer Sicht längst ein Fall für den Staatsanwalt. Nach außen hat die AfD immer behauptet, sie habe mit dem Verein nichts zu tun. Diese Darstellung ist schon lange unglaubwürdig.“
Wie weit war Alice Weidel in die Organisation anonymer Geldflüsse eingebunden?
„Die Zusammenarbeit und die Mails des Weidel-Vertrauten Hans Hausberger werfen zudem die Frage auf, ob es im Hintergrund der AfD einen Verschiebebahnhof für verdeckte Geldströme gegeben hat. Laut NDR, WDR und SZ schrieb Hausberger im Juli 2017, dass Alice Weidel Spender zur Hand hätte, die nicht direkt an die Partei spenden wollen. Frau Weidel muss sofort offen legen, was es damit auf sich hat und wie weit sie in die Organisation anonymer Geldflüsse eingebunden war. Die Staatsanwaltschaft sollte ihre Ermittlungen auf das gesamte Konstrukt von verdeckten Wahlkampfhilfen für die AfD ausdehnen. Wir brauchen lückenlose Aufklärung, wer in Kontakte zwischen Verein und AfD eingebunden war, was genau abgesprochen wurde und woher welches Geld kam“,
so Müller.
Annette Sawatzki, Expertin für Parteienfinanzierung bei LobbyControl, ergänzt:
„Die anonymen Geldgeber des Herrn Bendels haben mit vielen Millionen Euro die letzten zehn Landtagswahkämpfe und die Bundestagswahl zugunsten der AfD beeinflusst. Bendels‘ Verein dient dazu, die Identität dieser Finanziers zu verschleiern – unter Ausnutzung eines rechtlichen Schlupflochs und zum Schaden der Demokratie. Seit Jahren ist das bekannt – und seit Jahren fordern wir die Gesetzgeber auf, dieses Schlupfloch zu schließen. Doch diese kommen nicht in die Hufe. Das ist inakzeptabel. Anonymes Geld hat in der Politik nichts zu suchen. Wahlkampagnen, deren Geldgeber ihre Identität verschleiern,verzerren den politischen Wettbewerb und öffnen der Manipulation Tür und Tor. Wählerinnen und Wähler müssen wissen, welche finanzstarken Interessen hinter einer Partei stehen und wem die Partei zu Dank verpflichtet ist.“
Hintergrund
Der „Verein zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der bürgerlichen Freiheiten“ hat die AfD seit März 2016 in allen zehn Landtagswahlkämpfen sowie im Bundestagswahlkampf mit verdeckter Wahlkampfhilfe unterstützt. Insgesamt floss dabei ein zweistelliger Millionenbetrag zugunsten der AfD. Die Geldgeber sind bislang unbekannt, die AfD behauptet, mit den Vorgängen nichts zu tun zu haben. Die Geschäfte des Briefkastenvereins mit Sitz in Stuttgart werden von der Schweizer Werbeagentur Goal AG geführt, die in rechten Kreisen Europas bestens vernetzt ist. Die Goal AG finanzierte zudem direkt lokale Wahlkampagnen für Jörg Meuthen und Guido Reil.
Der Verein und die AfD behaupteten immer, es gebe keine Zusammenarbeit zwischen ihnen. Deshalb konnte die Unterstützungskampagne ein Schlupfloch im Parteienrecht nutzen und ihre Geldgeber so bislang geheim halten. Denn während direkte Spenden an Parteien ab 10.000 Euro namentlich offen gelegt werden müssen, sind die Organisatoren parteiunabhängiger „Parallelkampagnen“ und die davon profitierende Partei zu keiner Transparenz verpflichtet. Dies gilt jedoch nur, so lange ihnen keine Zusammenarbeit nachgewiesen wird.
Konkret heißt das: Falls nachträglich eine Zusammenarbeit zwischen der Partei und den Kampagnen-Organisatoren nachgewiesen werden kann, wird die „Parallelkampagne“ der Partei als Einnahme nach § 26 Parteiengesetz zugerechnet und die für Parteispenden geltenden Regeln des Parteienrechts finden darauf Anwendung. Das kann dann Strafen nach sich ziehen: wegen Verletzung der Anzeigepflichten und des Verbots anonymer Spenden, ggf. auch wegen Annahme verbotener Spenden aus dem Ausland oder sogenannter Einflusspenden. Die Partei muss dann das Dreifache des unrechtmäßigen Betrags als Strafe zahlen (§ 31c Parteiengesetz). Auch individuelle Geldstrafen und Haftstrafen bis zu 3 Jahren sind möglich (§ 31 d).
Verweise zu weiteren Hintergrund-Informationen
Mehr zum „Verein zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der bürgerlichen Freiheiten“ finden Sie im Online-Lexikon Lobbypedia.
LobbyControl hat die Online-Aktion „Verdeckte Wahlbeeinflussung stoppen!“ gestartet, die u. a. eine gesetzliche Offenlegung der Geldgeber von Drittkampagnen fordert.
LobbyControl hat ein Eckpunktepapier für eine Regelung des Parteisponsoring und der indirekten Wahlkampffinanzierung veröffentlicht.