Marlen Abertini


Stars und die Liebe unter dem Hakenkreuz

Was geschah mit der Liebe in der Zeit des braunen Terrors? Welchen Schikanen waren Paare in Nazideutschland ausgesetzt, die interkonfessionell, oder, wie es in der NS-Diktion hieß, "gemischtrassig" verheiratet oder liiert waren und die im Rampenlicht standen? Autorin Evelyn Steinthaler geht in ihrer hochinteressanten Publikation genau diesen Fragen akribisch nach. Unsere Buchempfehlung!

(Cover: K&S-Verlag)

 
Wie stand es um jene Stars, die die Bevölkerung in Propagandafilmen dem NS-Regime konform unterhielten, vom Kriegsalltag ablenkten und gleichzeitig um ihre Liebe kämpften oder diese um der Karriere willen aufgaben? Ausgehend von der Verfolgung der Juden in Deutschland ab 1933 und den „Nürnberger Gesetzen“, die seit 1935 in Kraft waren, untersucht Evelyn Steinthaler die Beziehung vier prominenter Paare und wie unterschiedlich deren Umgang mit dem öffentlichen Druck war.

Stars und ihre Weggefährten

Wir treffen Heinz Rühmann und Hertha Feiler, Joachim Gottschalk und Meta Wolff, Kurt Weill und Lotte Lenya sowie Hansi Burg, die in wilder Ehe mit dem Superstar des deutschen Kinos, Hans Albers, zusammenlebte – und viele ihrer Weggefährten.

Die freie Kunst in Deutschland war zu Boden gerungen. Die 1933 noch auftretenden jüdischen KünstlerInnen wurden von den deutschen Bühnen gebuht, Konzerte mit „undeutschen“ Programmen wurden zerstört. Am 4. März 1933 wurde Weills Silbersee endgültig abgesetzt.
 
18 Tage später verließ Weill Deutschland, ohne Lenya an seiner Seite. Die Entscheidung zur Flucht fiel nicht kurzfristig und überhastet, zu lange schon bereitete dem Komponisten die steigende Popularität der Nationalsozialisten permanentes Unbehagen.

Dass er Deutschland verlassen würde, war dabei klar. Wie rasch es dann letztlich geschah, wie auch bei vielen anderen jüdischen KünstlerInnen, mag ob der obsessiven Verfolgung durch die Nationalsozialisten aus heutiger Sicht wenig überraschen.

Einfluss in einem totalitären Staat

Steinthaler erzählt eindringlich vom Einfluss der Politik in einem totalitären Staat auf das Private, von Grenzen der Zuneigung durch politisch beeinflusste Karriereplanung, von Anpassung, Opferbereitschaft, Mut und selbstverständlicher Liebe. Gleichzeitig wird auch der Frage nachgegangen: Welche Stars haben das NS-System enthusiastisch zum eigenen Vorteil mitgetragen? Wer verließ Deutschland aus politischen Gründen? Und wer von den berühmten Ufa-Stars der „Zeit ohne Gnade“, wie sie der österreichische Journalist Rudolf Kalmar nannte, der selbst 1938 mit dem „Prominententransport“ am 1. April 1938 ins KZ-Dachau deportiert worden war, widerstand dem System trotz aller Maßregelungen und großartigen Verführungen und arbeitet dagegen – oder wurde von ihm zerstört?

Die Autorin Evelyn Steinthaler

Stars in der Nazi-Zeit

(Cover: K&S-Verlag)

1971 in Klagenfurt geboren. Diplomstudium der Publizistik und Kommunikationswissenschaften, Politikwissenschaften und außereuropäischen Ethnologie an der Universität Wien. Autorin, Herausgeberin, Hörbuchproduzentin, Übersetzerin, Biografin, Performerin, Moderatorin und Jugendarbeiterin. Langjährig als Journalistin und im PR-Bereich tätig. Für das Buch „Frauen 1938“ Auszeichnung mit dem Bruno-Kreisky-Anerkennungspreis für das Politische Buch.

2011 erschien die Biografie Richard Taubers „Morgen muß ich fort von hier“, 2012 das Hörbuch „Nicht nur in Worten, auch in der Tat“ mit Käthe Sasso für den Supposé Verlag. Zuletzt erschien von Evelyn Steinthaler „Wien 1945“ im Milena Verlag (2015) und die Übersetzung „Austria – A Soldier’s Guide“, Czernin Verlag (2017).durch politisch beeinflusste Karriereplanung, von Anpassung, Opferbereitschaft und selbstverständlicher Liebe, die bereit ist, Entfernungen und Distanzen zu überdauern.

Informationen zum Buch:
Gebundene Ausgabe: 192 Seiten, Verlag: Kremayr & Scheriau; Auflage: 1 (1. Oktober 2018).

Verweise: