Ursula Pidun


Wut-Rhetorik auf Stimmenfang

Der Erfolg rechtspopulistischer Parteien beruht im Wesentlichen auf rhetorischen Tricksereien: So werden die eigenen, fragwürdigen Ideologien in aggressiv klingende, leicht einprägsame und damit hochwirksame Metaphern wie etwa "Flüchtlingsschwemme", "Invasionen" und "Merkel in den Knast" verpackt und weitläufig unters Volk gestreut.

Droh- und Kampf-Rhetorik gab es im Parlament schon immer.

Droh- und Kampf-Rhetorik gab es im Parlament schon immer.

(Foto: dstaerk/Clipdealer.de

Im festen Glauben daran, die Flüchtlingskrise dezimiere mittel- und langfristig den eigenen Status, werden die so aufgeheizten und entsprechend sensibilisierten Bürger unmittelbar an ihrem Schmerzpunkt – nämlich der schäumenden Wut – abgeholt. Rechtspopulisten, längst Bestandteil des Deutschen Bundestages, schwemmen die Sprache der Wutbürger sodann ins Parlament. Dort angekommen, erkennt sich der vermeintlich benachteiligte und vergessene Bürger „endlich“ wieder.

Rhetorisch aggresiv aufrüsten

Um rhetorisch weiter aufzurüsten wird vor Ort und mit Blickrichtung auf die Bundesregierung zusätzlich mit Pseudo-Drohfloskeln hantiert. „Wir werden Frau Merkel jagen“ heißt es da etwa im schrillen Ton. Das soll Angst und Autoritätsanspruch verbreiten. Prompt glaubt des Volkes laute Stimme an die nahende Erlösung von allem Übel.

Schon Ludger Volmer, einst Sprecher der Grünen, als sie noch auf Konfrontationskurs liefen und die Welt auf den Kopf stellen wollten, soll mit den Worten „Wir werden den Kanzler jagen“ gedroht haben. Die einst angriffslustigen Töne versandeten inklusive Turnschuh-Statement eines Joschka Fischer ebenso im angepassten politischen Establishment, wie die Stricknadeln samt Wolle in den konservativen Schubladen etablierter Politik.

Putz machen“ war gestern. Auch damals war der Ton rau, was Sätze wie etwa „Mit Verlaub, Herr Präsident, Sie sind ein A….“, eindrucksvoll belegen. Dies soll der spätere Außenminister der Grünen an die Adresse des damaligen amtierenden Bundestagsvizepräsidenten Richard Stücklen gerichtet haben. Also alles halb so schlimm?

Einmal davon abgesehen, dass viele Kritiker zu Recht Teile der rechtspopulistischen Statements für nicht verfassungskonform halten: Am Ende werden die Argumente siegen. Ohne sie fällt auch eine noch so ausgeklügelte Wählerstimmen-Fangsprache irgendwann wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Rhetorik hat mit Argumentation nur dann zu tun, wenn etwas Schlüssiges dabei herauskommt und den Worten tatsächlich auch Taten folgen. Sinnentleerte Sprechblasen sind allenfalls etwas für schlechte Comics.

Wenn sich die Stimmung dreht

Spätestens dann, wenn aufgebrachte Bürger ihre Kraftressourcen in ein gründliches Studium der entsprechenden Parteiprogramme investieren, dämmert es dem einen oder anderen Fan. Und was, wenn klar wird, dass es sich in Hinblick auf die Migrationszahlen in keinem Fall um „Schwemmen“ handelt, sondern einzig und allein um einen herabwürdigenden, menschenverachtenden Begriff? Springt dann am Ende auch noch absolut nichts für den wutschnaubenden Bürger heraus, dreht sich das Fähnchen schnell mal im Wind.

Auf den Arm genommen und gründlich verschaukelt, fokussiert sich des Bürgers Zorn dann auf jene, die Wut herausgefordert, aber nicht befrieden konnten. Erste Anzeichen sind erkennbar. Die wenigstens wollen überzeugt nach rechts, die meisten lieber nach vorne. Mit „vorne“ ist die Zukunft gemeint, adressiert an die sogenannten „etablierten“ Parteien. Bleibt zu hoffen, dass sich der eine oder andere Alteingesessene im dortigen Kosmos der Überheblichkeiten ernsthaft angesprochen fühlt. Die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt.

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