Ausspähen unter Freunden: Druck auf das Kanzleramt
Hat der Bundesnachrichtendienst (BND) geholfen, "Freunde" wie etwa andere EU-Länder auszuspionieren? Zumindest steht ein solcher Verdacht im Raum. Zudem ist von Wirtschaftsspionage die Rede. Sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten, wäre dies ein kaum wieder gut zu machender Affront gegenüber den EU-Bündnispartnern. Nun ist das Kanzleramt gefragt. Es sollte mehr bieten, als reine Floskelei.
Zu einem Bruch mit den EU-Bündnispartnern wird es allerdings kaum kommen. Schließlich wiederholt unsere ansonsten wortkarge Kanzlerin gebetsmühlenartig, es sei alles im grünen Bereich. Diesbezügliche Vorkommnisse lägen innerhalb jener Verabredungen, die zwischen Deutschland und den Amerikanern nach den Terroranschlägen 2001 ausdrücklich vereinbart wurden. Darüber hinaus leiden jene Insider des BND, die tatsächlich Auskunft geben könnten, unter anhaltendem Gedächtnisverlust. Offenheit, Authentizität, Glaubwürdigkeit und Überzeugungskraft sehen anders aus.
Österreich fordert lückenlose Aufklärung
Von den Ausspähungen sollen Länder wie etwa Österreich und Frankreich sowie die Europäische Union selbst betroffen sein. Österreich besteht seit Bekanntwerden auf eine lückenlose Aufklärung und hat vorsorglich schon einmal Anzeige gegen Unbekannt erstattet. Österreichs Innenministerin Johanna Mikl-Leitner erklärte gegenüber der Nachrichtenagentur APA, der Wiener Staatsanwaltschaft liege eine Anzeige wegen:
„Geheimer Nachrichtendienst zum Nachteil Österreichs“
vor. Mikl-Leitner fordert die Bundesregierung auf, „Licht in das Dunkel“ zu bringen.
Am heutigen Mittwoch will sich der Geheimdienst-Kontrollausschuss des Bundestags mit den im Raum stehenden, schwerwiegenden Vorwürfen befassen. Im Mittelpunkt steht die Frage, ob und ggf. seit wann das Kanzleramt von diesen Ausspähungen gewusst hat. Bereits seit über einem Jahr beschäftigt sich der Untersuchungsausschuss mit Aufklärungsarbeit darüber, ob etwa deutsche Bürger massenhaft von ausländischen Geheimdiensten überwacht wurden und in wieweit deutsche Geheimdienste wie der BND möglicherweise davon profitierten.
Kontrollausschluss hat viel zu tun
Sofern die Erkenntnisgewinnung im aktuellen Fall derart schwierig zu eruieren ist, wie die bisherige Recherche zu Überwachungen deutscher Bürger, stehen wohl lange Sitzungen bevor. ZEIT-Online schrieb schon im März in einem Beitrag: „Wenn es um Zahlen geht, bekommen alle BND-Leute Amnesie„. Immerhin aber wurde damals festgestellt, dass
- die amerikanischen Dienste NSA und CIA in Deutschland Spionage betrieben
- Dabei sollen die ausländischen Dienste das Ziel gehabt haben, alles zu erfahren und zwar von allen
- Zwar seien die deutschen Bürger nicht das direkte Ziel gewesen, waren aber betroffen, da sie aus techischen Gründen nicht ausgefiltert werden konnten
- Der Bundesnachrichtendienst (BND) soll dabei geholfen und davon profitiert haben
- Die Bundesregierung soll davon gewusst und es gebilligt haben
- Dabei seien bestimmte Gesetze „gedehnt, gebeugt und gebrochen worden
(Quelle: Zeit Online vom 19. März 2015)
Prof. Theodor Adorno gab in seiner Vorlesung im SS 1964 folgende Episode zum Besten: Während seiner Tätigkeit für die Amerikaner nach dem Krieg bestand sein Auftrag darin, Daten über die Bevölkerung zu sammeln. Auf seine Frage, welche Daten es denn sein sollen, erhielt er zur Antwort: alle!
Dazu sein Kommentar: Man kann auch versuchen, die Milchstraße zu Butter zu machen.