Causa Franz Hörmann – ein gesellschaftliches Problem?
Der österreichische Finanzexperte Prof. Dr. Franz Hörmann, der im vergangenen Jahr nach Denunzierungen vorläufig vom Dienst suspendiert wurde, lehrt wieder an der Wirtschaftsuniversität Wien. Unser Kommentar zu Ungereimtheiten hinsichtlich seiner Suspendierung.
Causa Franz Hörmann: im vergangenen Herbst haben wir ein Interview mit dem Titel „Absurdes Geldsystem“ mit dem damaligen Univ.-Prof. Dr. Franz Hörmann publiziert. Hörmann lehrte zu der Zeit noch an der Wirtschaftsuniversität Wien (WU), wurde Anfang des Jahres jedoch vorläufig vom Dienst suspendiert. Was war passiert?
Drei Studierende der WU in Wien haben als Redakteur/Innen der Unizeitung „Standpunkte“ zwei Interviews mit Hörmann geführt. Im zweiten Interview soll Hörmann „zweifelhafte Aussagen zum Holocaust gemacht“ haben. Diese Aussagen wurden durch die Redakteur/Innen der Unizeitschrift im Nachgang protokolliert jedoch nicht durch Hörmann autorisiert. Im weiteren Verlauf nahmen die drei Redakteure Stefanie Gerold, Susanne Reither und Matthias Nocker Kontakt zur österreichischen Zeitung „der Standard“ auf mit dem Ziel, die zweifelhaften Aussagen einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
„Der Standard“ publizierte daraufhin einige entsprechende Beiträge. Im Anschluss an die Veröffentlichungen fand Hörmanns Universitätskarriere (nach Anhörung, Stellungnahmen vom Amt, Strafanzeige und Disziplinarverfahren zur Klärung der Angelegenheit) ein jähes, wenngleich noch vorläufiges Ende. Der Ablauf der Geschehnisse aus Sicht der drei Standpunkteredakteur/Innen wurde in der Unizeitschrift „Standpunkte“ Nr. 10, Februar 2012 ausführlich publiziert.
Es ist ausgesprochen erfreulich, wenn Studierende – ganz besonders in Hinblick auf mögliche Verbreitungen rechtsradikaler Thesen – achtsam und penibel aufmerksam sind. Das gilt natürlich ganz besonders, wenn vermeintlich ungeheuerliche Äußerungen vom Inhaber eines Lehrstuhls an einer Universität getätigt werden. Ebenso muss die Messlatte der redaktionellen Standards anlässlich eines diesbezüglichen Interviews hoch liegen. Neutralität ist dabei oberstes Gebot, selbst dann, wenn es schwerfällt. Zweifelsfrei äußert Hörmann Thesen, die grenzwertig wirken und zu Kontroversen herausfordern. Hörmann verlangt eine radikale Änderung des Geldsystems und eine ebenso radikale Änderung der Gesellschaft. Das macht nicht nur die Studierenden an der WU in Wien misstrauisch.
Dennoch – wer ein Interview führt, ganz gleich mit welcher Absicht, muss jenseits aller Vorbehalte redaktionelle Maßstäbe einhalten. Kompromisse in der Vorgehensweise oder Einschränkungen solcher Maßstäbe sind völlig unzulässig, wenn es authentisch und seriös bleiben soll. Ein Protokoll, das angesichts der Hörmann-Inhalte als Gedächtnisprotokoll im Nachhinein angefertigt wird und unautorisiert bleibt, ist aus journalistischer Sicht mangelhaft. Zitat Zeitschrift Standpunkte 2 Februar 2012:
„Nach etwa 70 Minuten verlassen die Standpunkte-Redakteur/Innen Hörmanns Büro. In den darauffolgenden Tagen wird das Protokoll an-gefertigt, aus dem hier Ausschnitte veröffentlicht sind. Die wieder-gegebenen Passagen wurden sinngemäß so von Hörmann getätigt.“
Autorisierung hat nichts mit Zensur zu tun. Ein Interviewpartner muss Gelegenheit erhalten, sachliche Inhalte auf ihre Richtigkeit hin zu prüfen bzw. ggf. auch auf eine entsprechende Korrektur verweisen können. Warum das an dieser Stelle Erwähnung findet? Sicher nicht, um Rückendeckung für irgendwelche Weltverbesserungstheorien zu geben oder Zeitgenossen in Schutz zu nehmen, die in Verdacht stehen, rechtsradikale Äußerungen zu tätigen und/oder verschwurbelte Begriffsdefinitionen zu äußern.
Die Recherchearbeit der damals zuständigen Redakteur/Innen der Unizeitung „Standpunkte“ hat nicht überzeugt. Im Verlauf eines Interviews mit den drei Redakteur/Innen wurde uns (vermutlich versehentlich) nicht die End-Datei sondern die interne Bearbeitungsdatei der „Standpunkte“-Redakteure zurückgeschickt. Diese Datei ist am Rand mit Kommentaren versehen. Einer davon dokumentiert (mit Uhrzeit und Datum), dass „Steffi“ nicht mehr weiß, ob Hörmann damals überhaupt davon in Kenntnis gesetzt wurde, das nicht autorisierte Interview zu veröffentlichen. Zitat:
„Echt, haben wir ihn informiert?“
[Datei liegt der Redaktion im Original vor]. Angesichts einer solchen Lücke der Erinnerung in einem derart Aufsehen erregenden Fall, bleibt in Hinblick auf das nicht autorisierte Gedächtnisprotokoll nur Hoffnung auf – umgekehrt – lückenlose Erinnerung.
Die WU in Wien teilte übrigens auf Anfrage u.a. mit:
„[…]. Prof. Hörmann ist Beamter und unterliegt als solcher dem österreichischen Beamten-Dienstrechtsgesetz (BDG). Als Beamten treffen ihn gewisse Dienstpflichten. So ist er gemäß § 43 BDG verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch zu besorgen. Weiteres hat er in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt. Aussagen wie jene im Interview der Studierenden sowie Veröffentlichungen wie jene im „Standard“ könnten diese unerlässliche Vertrauensbasis zwischen Beamten und der rechtssuchenden Bevölkerung zerstören. (Quelle: E-Mail, 19.06.2012, WU Wien, Maga. Cornelia Moll].
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